Heimkehr als Lehrerin - ein persönlicher Schulweg
Ein Interview von Leonie Goldstein und Luisa D‘aiello
Der Erstklassenlehrerin der Freien Schule Glonntal kommt immer eine besondere Bedeutung zu – Siri Huber, wie stemmt man diese Aufgabe?
Zuerst wollten wir fragen, was Sie dazu bewogen hat, an der Freien Schule Glonntal zu arbeiten?
Also, ich war hier selbst Schülerin von 2013 bis 2016. An der Regelschule war ich sehr unglücklich und bin in der 10. Klasse zweimal durchgefallen. Danach musste ich die Schule wechseln. Mein kleiner Bruder ging bereits auf die Freie Schule Glonntal und so bin ich nachgekommen. Es hat mir hier sehr gefallen und später habe ich mein Abitur gemacht, eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert und anschließend Grundschullehramt studiert. Danach wollte ich einfach zurück an die Schule, die mir so gut gefallen hat.
Wie kamen Sie dann dazu, die erste Klasse zu unterrichten?
Da ich Grundschullehramt studiert habe, lag es nahe, dass ich mit der ersten Klasse beginne. Das Studium umfasst ja die Klassen eins bis vier. Es war für mich ein schöner Start, und wenn man das studiert hat, warum sollte man das dann nicht machen?
Waren Sie aufgeregt?
Ja, total! Natürlich war ich aufgeregt, bis ich die Kinder erst einmal kennengelernt habe. Es war schließlich mein erstes Mal, so etwas zu machen.
Wie haben Sie sich auf die erste Klasse und das Schuljahr vorbereitet?
Ich habe mich die ganzen Sommerferien durchgehend vorbereitet und den gesamten Stoff schon im Voraus fertiggestellt. Zum Glück muss ich jetzt nicht mehr so viel vorbereiten, weil ich das in den Sommerferien alles gemacht habe. Ich habe sämtliche Buchstabenbilder gemalt und alles vorbereitet. Es war wirklich Vollgas in den Sommerferien.
Hatten Sie irgendwelche Ängste oder Bedenken?
Natürlich, ja. Die typischen Sorgen, die man immer hat, bevor man etwas Neues beginnt: „Bin ich gut genug? Kann ich das wirklich? Darf ich das überhaupt machen? Ist es okay, wie ich es mache?“ Solche Gedanken begleiten einen einfach, glaube ich.
Wie ist der Alltag hier in der ersten Klasse?
Wie läuft das so ab?
Manchmal ist es wild, aber insgesamt sehr schön. Wir beginnen den Tag immer mit einem rhythmischen Teil am Morgen. Zuerst zünden wir eine Kerze an - aktuell den Adventskranz - davor war es eine andere Kerze und dann singen wir ungefähr eine halbe Stunde, sprechen kleine Sprüche und den Morgenspruch. Danach frühstücken die Kinder noch etwas, weil sie schnell hungrig werden. Anschließend folgt die Epoche, also Schreiben und Rechnen. Nach der Pause wird es meistens etwas wilder, weil die Kinder so viel Energie haben. Trotzdem sind sie sehr liebenswert.
Jetzt nach den ersten vier Monaten, was läuft da besser oder schlechter als gedacht?
Ich glaube, ich muss noch strenger werden. Ich fühle mich zwar schon ziemlich streng, aber eigentlich bin ich das gar nicht. Ich bin eher geduldig, ruhig und lieb. Doch manchmal müsste ich konsequenter und strenger sein und das schaffe ich nicht immer, weil es mir schwerfällt. Daran muss ich noch arbeiten.
Was erfüllt Sie am meisten im Alltag als Lehrerin?
Definitiv die Kinder. Ich habe gemerkt, dass es mir an schlechten Tagen, wenn ich nicht gut drauf bin, schwerfällt, fröhlich zu sein und Energie aufzubringen. Aber sobald ich in der Schule bin und das erste Kind hereinkommt, mich anstrahlt und sagt: „Easy, das kann ich“, merke ich, die Kinder geben mir so viel Energie. Sie machen einen fröhlich, selbst wenn man traurig ist, auch wenn sie einen manchmal erschöpfen.
Sie waren ja auch auf einer Regelschule. Was würden Sie sagen, unterscheidet unsere Schule, also unser Schulsystem, von einer Regelschule?
Eigentlich alles, außer dass wir auch in einem Raum mit Tischen sitzen. Aber wir behandeln die Kinder anders. Es geht nicht um Druck oder Angst, sondern darum, dass alles aus den Kindern selbst herauskommt. Jedes Kind hat seine eigene Zeit, sich zu entwickeln. In der Regelschule gibt es hingegen oft sofort Vergleiche: „Bist du schon gut genug oder doch noch nicht?“ Demoralisierend. Außerdem haben wir mehr Kunst, Segeln und besondere Erlebnisse wie den Wandertag. Einmal in der Woche gehe ich mit den Kindern in den Wald. So etwas gibt es in der Grundschule normalerweise nicht.
Würden Sie sagen, dass unser Schulsystem hilfreicher ist als ein normales?
Ja, auf jeden Fall. Mich hat das normale Schulsystem total fertig gemacht. Manche Kinder kommen damit super klar, rutschen einfach durch und das ist ja auch in Ordnung. Aber für die Kinder, die mehr Raum und Zeit brauchen, ist unsere Schulart unglaublich wichtig. Sie können einfach durchatmen und sie selbst sein, ohne ständig zu hören: „Das hast du falsch gemacht!“ Das ist so wertvoll. Aber nicht jedes Kind braucht das Gleiche und deshalb ist es gut, dass es verschiedene Schulen gibt.
Was war bisher ihr schönstes Erlebnis an dieser Schule?
Als Schülerin oder als Lehrerin?
Als Schülerin: Definitiv das Segeln. Drei Wochen lang war ich mit meiner Klasse auf einem Schiff, und wir sind nach Rom gesegelt. Das war richtig cool.
Als Lehrerin: Die Einschulung. Der erste Tag, an dem ich die Kinder kennengelernt habe, war für mich etwas ganz Besonderes. Es war das erste Mal, dass ich als Lehrerin eine eigene Klasse hatte. Das war bisher mein schönster Tag.
Als letztes haben wir noch die Frage, was Sie sich für die Zukunft als Lehrerin wünschen?
Ich wünsche mir, in allem besser zu werden. Ich möchte mich weiterentwickeln, ständig dazulernen und an mir arbeiten. Irgendwann möchte ich das erreichen, was man sich unter einer erfahrenen Lehrerin vorstellt, die viel Wissen und Erfahrung besitzt. Im Moment stehe ich noch ganz am Anfang, aber ich möchte eines Tages sagen können: „Ich kann das, was ich mache.“
"An der Freien Schule Glonntal, voller Licht, wächst jedes Kind im eigenen Gesicht. Kein Druck, kein Vergleich, nur Raum zum Entfalten, hier dürfen Träume und Ideen gedeihen und walten."